Impflücken bei den Großen – Folgen für die Kleinsten
Beim Nestschutz handelt es sich um einen begrenzten natürlichen Schutz eines Neugeborenen vor bestimmten Infektionskrankheiten. Die Mutter überträgt ihre Antikörper über die Plazenta auf das Kind, so zum Beispiel gegen das Masern-Virus. Im Verlauf der ersten vier bis sechs Monate kommt es allerdings wieder zum Abbau des mütterlichen Schutzes. Das Kind ist dann zunehmend auf die eigene Immunabwehr angewiesen. Bei Masern ist der Nestschutz besonders wichtig.
„Schutzlücke“ bei Säuglingen
Eine besondere Infektionsgefahr besteht für den Säugling etwa zwischen dem sechsten und neunten Lebensmonat, wenn der Nestschutz schwächer wird, das Kind aber noch nicht selbst geimpft werden kann. Gegen Masern kann frühestens ab dem vollendeten neunten Lebensmonat geimpft werden, inbesonderen Fällen wie beispielsweise beim Besuch einer Kindestagesstätte. In der Regel sollen Kinder laut der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut die Impfung gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken ab dem vollendeten elften Lebensmonat erhalten. Etwa sechs Wochen später soll die zweite Dosis folgen, um den Impfschutz zu komplettieren. Kombinationsimpfstoffe haben sich dafür seit vielen Jahren bewährt.
Nestschutz kann den Säugling nur gegen solche Krankheiten schützen, an denen die Mutter schon einmal erkrankt war oder gegen die sie geimpft wurde. Das heißt: vor einer Schwangerschaft sollten Frauen zum Wohl des Kindes und auch zu ihrer eigenen Sicherheit unbedingt ihren Impfstatus überprüfen. Bei Masern, Windpocken oder Röteln ist also grundsätzlich ein Nestschutz vorhanden. Wenn da nicht die Impflücken wären.
Impflücken – mit Folgen für die Kleinsten
Viele junge Erwachsene besitzen keine ausreichende Immunabwehr gegen Masern. So kann die Mutter auch keine Antikörper an ihr Kind weitergeben. Noch in anderer Hinsicht können die vorhandenen Impflücken problematisch werden: Solange die Bevölkerung nicht zu rund 95 Prozent geimpft ist, wird es
immer wieder zu Masernausbrüchen kommen. Vor allem bei jüngeren Erwachsenen haben Masernerkrankungen deutlich zugenommen – eine Infektionsquelle für ungeschützte Säuglinge! Vor diesem Hintergrund sollten möglichst alle Personen in der direkten Umgebung eines Neugeborenen wie Mutter, Vater und Geschwister einen sicheren Impfschutz aufweisen. Die Säuglinge profitieren dann von dem so genannten „Herdenschutz“. Besonders relevant ist das eben während der „empfindlichen“ Zeit, also wenn die Säuglinge eine „Schutzlücke“ aufweisen. Deshalb empfiehlt die STIKO die Masern-Mumps-Röteln-Impfung für alle nach 1970 Geborenen, bei denen der Impfstatus unklar ist, oder die in der Kindheit nicht oder nur einmal geimpft worden sind.
Warum ist der Masern-Impfschutz im Umfeld der Säuglinge so wichtig?
Masern sind nicht harmlos – vor allem nicht für Säuglinge. Die gefährlichste Komplikation ist eine über mehrere Jahre langsam fortschreitende Form einer Gehirnentzündung, die so genannte SSPE (Subakute Sklerosierende Panenzephalitis). Sie trifft meist Babys in der „Schutzlücke“, die also zum Zeitpunkt der Erkrankung noch zu jung für eine Impfung waren, aber auch keinen Nestschutz mehr hatten. Von etwa 300 Neugeborenen, die sich in Deutschland laut Robert Koch-Institut im Jahr 2006 in den ersten Lebensmonaten mit Masern angesteckt hatten, sind bisher drei Kinder als Spätfolge an der unheilbaren chronischen Maserngehirnentzündung erkrankt. Eine Therapie gibt es nicht, eines dieser Kinder ist mittlerweile verstorben. Die Erkrankung tritt erst Monate bis Jahre nach einer Maserninfektion auf, im Durchschnitt nach sieben Jahren. Ungeschützte Säuglinge können nur vor einer Ansteckung geschützt werden, wenn möglichst viele Menschen in ihrem Umfeld geimpft sind.
Masern eliminieren!
Das seit langem angestrebte Ziel der Weltgesundheitsorganisation ist die Eliminierung der Masern. Dieses soll bis 2015 erreicht werden. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für die Masern-Mumps-Röteln-Impfung, eine Standard-Impfung bei Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr sowie bei allen nach 1970 geborenen Erwachsenen, bei denen kein ausreichender Impfschutz besteht oder der Impfstatus unklar ist.
- Epidemiologisches Bulletin 30/2006, www.rki.de
- Epidemiologisches Bulletin 30/2010 und 32/2010, www.rki.de
- www.kinderaerzte-im-netz.de
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